Paketgrössenoptimierung. Die Luft muss raus!
14.11.2022 – Referenz Digitec Galaxus
Bei Digitec Galaxus ist die Luft raus. Und das ist gut. Der Onlinehändler hat seine Paketgrössen optimiert. Denn: Pakete enthalten Füllmaterial, weil sie nicht randvoll sind. Dies ist unökologisch, bei Kunden unbeliebt, das Verpacken dauert länger und das Transportvolumen nimmt zu. In nur zwei Monaten konnte Ergon die Anforderungen modellieren und bessere Grössen ermitteln. Die Optimierung des sieben Milliarden Variablen grossen Modells erforderte viel Engineering und Cloud-Computing-Expertise. Das Ergebnis: eine Reduktion des Füllmaterials um 28 Prozent.
Digitec Galaxus ist der grösste Onlinehändler der Schweiz. Kund:innen schätzen das breite Angebot. Die grosse Produktvielfalt stellt aber insbesondere beim Versand eine Herausforderung dar. Beim Verpacken der Artikel in Pakete entstehen unvermeidbare Leerräume. Diese «Luft» muss mit Füllmaterial, wie z. B. kleine Luftkissen, gefüllt werden, damit die Waren ihr Ziel unbeschädigt erreichen. Dies kostet Zeit beim Verpacken. Zudem sind grosse Pakete mit viel Füllmaterial bei Kund:innen unbeliebt.
Während gewisse Lieferungen maschinell in massgeschneiderte Pakete gepackt werden können, werden andere manuell verpackt. Aus praktischen Gründen wird ein fixes Set von Paketgrössen verwendet. Dabei stellt sich die Frage, ob andere Grössen besser geeignet wären, um Leerräume zu minimieren.
Im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen investiert Digitec Galaxus in die Reduktion des betriebseigenen CO2-Abdrucks. Dieses Projekt verfolgt das Ziel, das Füllmaterial zu reduzieren, um wertvolle Ressourcen einzusparen und Abfälle bei Endkund:innen zu reduzieren. Damit leistet Digitec Galaxus einen Umweltbeitrag und steigert die Kundenzufriedenheit.
«Zusammen mit Ergon konnten wir innert kürzester Zeit eine komplexe Optimierung erarbeiten, mit der wir Verpackungsmaterial einsparen, Kosten reduzieren, unsere Mitarbeitenden schonen und die Kundenzufriedenheit erhöhen.»
Modellierung: Was ist für das Business optimal?
Die Suche nach den idealen Paketgrössen kann als klassisches Optimierungsproblem mit Nebenbedingungen betrachtet werden. Dabei werden Anforderungen und KPIs mit Gleichungen mathematisch modelliert und das Optimum mit numerischen Methoden gefunden.
Das Hauptziel ist, den Leerraum zu reduzieren. Die Reduktion ist grösser, je mehr Paketgrössen verwendet werden können. Aus Platzgründen an den Verpackungsstationen ist die maximale Anzahl jedoch zu begrenzen. Eine gute Modellierung erfordert sowohl technische Erfahrung als auch Domänenexpertise. Zum Beispiel erlauben sogenannte «Rillierungen», die Anzahl der Paketgrössen bei gleichem Platzbedarf zu vervierfachen. Dies geschieht durch minimale Kartoneinschnitte und ist prozesstechnisch attraktiv. Weiter profitieren gewisse Pakete von günstigeren Frankaturen. Nur wenn alle Anforderungen an die Pakete modelliert werden, ist die Lösung des Optimierungsproblems auch aus Business-Sicht optimal.
Der Anwendungsbereich von mathematischen Modellen ist nicht auf Paketgrössenoptimierung beschränkt. Im Gegenteil: Sie sind ein hervorragendes Tool, um verschiedene, meist konträre Anforderungen zu formulieren. Es fordert den Menschen, die Business-KPIs und weitere Bedingungen zu definieren. Die Maschine ermittelt danach das Optimum.
Large-Scale-Optimierung: Finde das Optimum.
Die Modellierung der Anforderungen ist nur der erste Teil der Arbeit. Der zweite Teil ist die eigentliche Optimierung, die in diesem Fall besonders anspruchsvoll war.
Das entstandene Modell ist ein Mixed Integer Program (MIP) mit sieben Milliarden Variablen. MIP ist eine etablierte Problemklasse, die für genügend kleine Modelle mit generischen Programmen, sogenannten Solvern, gelöst werden kann.
Die Kombination aller möglichen Paketgrössen (etwa 70 000 bei 1 cm Genauigkeit) und der Anzahl betrachteter Lieferungen ist dafür zu gross. Ab 100 000 Lieferungen scheinen die Daten statistisch repräsentativ: weniger Lieferungen beinträchtigen das Ergebnis, mehr steigern nur den Rechenaufwand.
Mixed Integer Programme sind bestens erforscht. Die akademische Literatur bietet viele fundierte Techniken. Man profitiert von Erprobtem und benötigt weniger Heuristiken. Ein guter Grund für etablierte mathematische Modelle.
In diesem Projekt war die «Bender Decomposition» zentral: Sie zerlegt ein Modell in einfachere Teilprobleme und löst diese iterativ. Der Grossteil dieser Teilprobleme konnte sogar analytisch gelöst und parallelisiert werden. Übrig blieb ein deutlich kleineres MIP, dass ein Open-Source Solver lösen konnte.
Trotz allem bleibt die Paktegrössenoptimierung ein Large-Scale Optimierungsproblem. Ein 96 Core starker Server mit 384 GB RAM konnte die idealen Pakete jedoch in wenigen Stunden ermitteln. Ein perfekter Use-Case für Cloud-Computing, da die Pakete typischerweise nur einmal jährlich optimiert werden.
Win-Win-Win: Die Luft ist raus.
Die Optimierung hat sich gelohnt, die neuen Paketgrössen sind bestellt: Die Ergebnisse zeigen eine «Luft»-Reduktion von etwa 28 Prozent. Dies reduziert Abfall, spart Material- und Prozesskosten und steigert die Kundenzufriedenheit. Zudem leistet das Einsparen von Karton und Füllmaterial einen Umweltbeitrag im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens und reduziert den CO2-Abdruck. Eine Win-Win-Win Situation.
Ergon überzeugte in nur zwei Monaten durch diverse Kompetenzen: von mathematischer Modellierung, über Large-Scale-Optimierung bis zu Cloud-Computing. Alles aus einer Hand. In kürzester Zeit und mit messbarem Impact.
Haben auch Sie Optimierungsideen? Ergon berät und unterstützt den ganzen Optimierungs-Prozess: von Anforderungsaufnahme, über Modellierung bis zur Umsetzung der Optimierung.