Sinnhaft und rentabel: Sie verbindet, was zusammengehört

Dieser Beitrag ist erschienen im Ergon Magazin SMART insights 2023. Magazin kostenlos bestellen.

Philomena Colatrella ist CEO und Vorsitzende der Konzernleitung bei CSS Versicherungen. Sich selbst nennt sie Generalistin, und sie vereint Unternehmergeist mit Wissensdurst sowie Empathie. Sie ist fasziniert davon, wie Ökonomie und Sinnhaftigkeit zusammenspielen, und ist überzeugt: Eine kollaborative Unternehmenskultur ist das A und O einer gesunden Firma.

Was treibt dich an?

Das sind sicher meine Neugier und meine Wissbegierde. Meine grösste Leidenschaft ist, mich weiterzuentwickeln. Je komplexer ein Thema, umso mehr stimuliert es mich. Ich kann schlecht mit Stillstand umgehen. Auch beflügelt mich der Austausch mit den Mitarbeiter:innen: Sie wissen, dass ich gerne mit ihnen im Gespräch bin

Du betrachtest Komplexität als stimulierend?

Ich finde, dass sie die Fantasie anregt und das vernetzte Denken fördert. Sie beflügelt meine 3D-Sicht der Dinge. Mein Unternehmergeist verlangt nach dem Big Picture, um weitsichtig zu führen und mich vertieft mit der Zukunft zu befassen.

Woher kommt dein Unternehmergeist?

Ich denke, der ist angeboren. Als Kind besuchte ich oft meine Grosseltern in Italien. Ich pflückte mit meiner Cousine Brombeeren und verkaufte sie am Strassenrand. Die Autofahrer:innen hielten an und kauften unsere Beeren.

Wie hast du dich weiterentwickelt?

Von meinem Elternhaus habe ich ein grosses Bewusstsein für die Belange der Mitarbeiter:innen mitbekommen. Durch meine Positionen in der Wirtschaft habe ich die Seite der Unternehmen kennengelernt. Schliesslich geht es darum, beide Seiten auszutarieren. Dieser Gedanke inspirierte mich, ein gesundes Unternehmertum zu pflegen.

Was hat dir dein Elternhaus sonst noch mitgegeben?

Ehrgeiz. Und den Kampfgeist, sich für eine gute Lösung mit voller Kraft einzusetzen.

Du bist im Herzen also eine Idealistin?

Ich bin eine Realistin und gleichzeitig eine Optimistin. Als ich bei der CSS als Juristin anfing und erste Umstrukturierungsprojekte begleitete, erhielt ich Einblick in verschiedene Dimensionen des Unternehmens. Es führte mich zur Frage, die mich seither täglich beschäftigt: Worin besteht der wahre Wert eines Unternehmens und wie schafft man ihn?

Im Fall der CSS heisst das: Für wen tue ich Gutes? Für die Patient:innen, die Gesellschaft oder das Gesundheitssystem? Mich fasziniert beides: Die geschäftliche, ertragsorientierte Seite. Aber auch die Sinnhaftigkeit: Wie übt man Unternehmertum auf gute, humane Art aus?

Wer hat deine berufliche Laufbahn besonders geprägt?

Mein ehemaliger Chef. Durch ihn erkannte ich: Mein dualer Anspruch – die Balance aus Ökonomie und Sinnhaftigkeit – ist kein Zwiespalt. Er passt perfekt zur CSS. Denn sie verkörpert dieses Konzept seit 1899.

Wie hat es sich angefühlt, als du zur CEO gewählt wurdest?

Aufbruchstimmung, gepaart mit einer gehörigen Portion Respekt. Ich hinterfrage mich konstant. Meine Reflektiertheit hilft mir aber auch, in guten Zeiten auf dem Boden zu bleiben und in Krisenzeiten sachlich zu entscheiden.

Wie verläuft deine Entscheidungsfindung?

Fakten, Fakten und nochmals Fakten – sammeln, analysieren, hinterfragen. Mein Umfeld weiss, dass ich lieber zu viel frage als zu wenig.

Wie würdest du deinen Führungsstil beschreiben?

«Managing by walking around.» Nicht bloss im physischen Sinn, sondern auch durch mentale Empathie. Man sollte im Kopf bei seinen Arbeitskolleginnen und -kollegen sein. Mitdenken, mitreden, mitfühlen. Und dabei eine gute Balance von Nähe und Distanz pflegen. «Managing by walking around» symbolisiert für mich unsere gesunde, humane Unternehmenskultur. Das Arbeitsklima soll Autonomie und Selbstbestimmung fördern.

Die wichtigsten Eigenschaften einer Führungskraft?

Integrität, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit sind essenzielle Tugenden. Aber das Allerwichtigste ist: aktiv zuhören und seine Mitarbeiter:innen ausreden lassen.

Gilt diese Integrität auch bei der Zusammenarbeit mit Externen?

Auf jeden Fall. Unser Code of Conduct unterstreicht die Bedeutung unserer kollaborativen Unternehmenskultur. Ergon tickt da ähnlich. Das ist wohl der Grund, warum wir so erfolgreich zusammenarbeiten. Offenheit, Begeisterungsfähigkeit und Vertrauen sind keine Floskeln.

Woher kommt deine Begeisterung für die Digitalisierung?

Mich fasziniert, wie man die analoge Welt ins digitale Zeitalter übersetzt und damit besser und effizienter macht. Die Digitalisierung steckt voller Chancen. Gerade im Gesundheitswesen. Etwa die Telemedizin: Dank ihr wird man in Zukunft Patient:innen remote betreuen und gezielter behandeln können. Dies kann zudem Kosten senken.

Dein Erfolgsrezept?

Meine Mitarbeiter:innen durch meine eigene Begeisterungsfähigkeit und Wertschätzung mitreissen.