Optimale Lagerbestände dank Machine Learning
01.04.2020 – Referenz Bossard
Die Firma Bossard gehört zu den Marktführern für Verbindungstechnologie und beliefert mit intelligenten Logistiksystemen Produktionsstätten weltweit. Höchste Qualitätsmassstäbe und dauernde Innovation sichern diesen Erfolg. Die neueste Entwicklung im Bereich Smart Factory Logistics ist SmartOrdering. Ein System, das den Beschaffungsprozess automatisiert und durch Machine Learning optimiert. Das Resultat sind erhöhte Verfügbarkeit der C-Teile bei den Kunden, 70% weniger Express-Lieferungen und signifikante Kosteneinsparungen.
Das Unternehmen aus Zug hat sich auf die Logistik von C-Teilen spezialisiert. Kleinteile wie Schrauben, Muttern oder Dichtungen sind zentrale Elemente für die Montage von Anlagen und Geräten. Diese Teile sind günstig in der Beschaffung, führen aber zu hohen Kosten, wenn sie fehlen. Produktionslinien werden blockiert, was teure Express-Lieferungen zur Folge hat. Um dies zu verhindern, hat Bossard die Plattform ARIMS entwickelt. Dank ARIMS sind Materialfluss und Lagerbestände stets unter Kontrolle.
Die Basis für diesen reibungslosen Beschaffungsprozess bilden SmartBins. Materialbehälter, die mit Gewichtssensoren den aktuellen Lagerbestand jederzeit messen. Sobald ein Bestand den Bestellpunkt unterschreitet, wird dem Kunden automatisch eine vordefinierte Bestellmenge geliefert.
Die richtige Menge zur richtigen Zeit
Bis anhin definierte Bossard die Parameter Bestellpunkt und Bestellmenge, unterstützt durch das ARIMS-System, halbautomatisch. Bei tausenden von Artikeln ein grosser Aufwand. Erschwerend kommt hinzu, dass die Konfiguration der Parameter von vielen Faktoren wie Produktionsvolumen, Lager- und Lieferkosten abhängt. Insbesondere regelmässige Produktionsveränderungen sowie mögliche Verbrauchsspitzen sind eine Herausforderung, da der Bestand nie leer sein sollte. All das im Auge zu behalten, ist für den Menschen schwierig.
Aus diesen Gründen hat sich Bossard zum Ziel gesetzt, die Optimierung der Beschaffungsparameter zu automatisieren. Entstanden ist SmartOrdering. Ein System, das den Verbrauch der C-Teile immerzu analysiert und mit Machine Learning automatisch die idealen Bestellparameter definiert.
«Dank SmartOrdering reduzierten sich die Express-Lieferungen um 70%, ohne den Lagerbestand zu erhöhen.»
Die Frage nach dem Was
Der erste Schritt war, die Daten zu visualisieren, um alle Informationen wie Bestandsverlauf sowie Bestell- und Lieferzeitpunkte auf einen Blick zu sehen. Das hilft, die Daten besser zu verstehen und dient später der Nachvollziehbarkeit.
Doch was ist eine gute Konfiguration der Parameter? Was soll optimiert werden? Das sind die Kernfragen. Es gibt verschiedene Kostentreiber, die oft gegensätzlich sind. Zum Beispiel möchten die Kunden von Bossard sowohl wenig Lagerbestand als auch eine geringe Anzahl C-Teile-Lieferungen. Ein kleineres Lager bedingt aber automatisch mehr Lieferungen. Was ist nun der wirtschaftlich optimale Kompromiss?
Ergon konzipierte ein mathematisches Modell, das die Kostentreiber kombiniert. Nebst Lager- und Lieferkosten ist das Risiko eines Fehlbestandes zentral. Unsupervised Machine Learning lernt dieses Risiko und quantifiziert so die Kosten für Express-Lieferungen. Eine Optimierung minimiert deshalb die Gesamtkosten und findet die ideale Bestellkonfiguration.
In einem weiteren Schritt wurde ein Python-Prototyp auf 15 Kunden ausgewertet. Dies umfasste etwa 10'000 Artikel und teilweise über 10 Jahre Datenhistorie. In enger Zusammenarbeit mit Bossard wurden die Resultate geprüft und mit ARIMS verglichen. Das Ergebnis war vielversprechend und SmartOrdering wurde in einer Pilotphase bei 30 Kunden produktiv getestet.
Die Bilanz ist beachtlich: Die Anzahl der Bestellungen sank bei den 30 Testkunden um 26% und es gab 70% weniger Express-Lieferungen, ohne den Lagerbestand zu erhöhen. Mit den Erfahrungen aus der Pilotphase wurde das System kontinuierlich verbessert und schrittweise auf weitere Kunden ausgerollt.
Mehrwert für alle
SmartOrdering automatisiert die Konfiguration der Bestellparameter und optimiert diese kontinuierlich. Das bietet Bossard einen grossen Mehrwert. Denn Machine Learning verbessert die Parameter dahingehend, dass die Lager der Bossard-Kunden weder überfüllt noch leer sind. Produktionsunterbrüche durch fehlende Teile werden verhindert und gleichzeitig Kosten eingespart.