Cloud oder nicht – wie entscheide ich?

27.11.2018 – Heiko Faller

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Fachbeitrag für die Sonderbeilage «Fokus Business Success» im Tagesanzeigers vom 27. November 2018

Dass die Zukunft der Unternehmens-IT in der Cloud liegt, ist praktisch unbestritten. Doch bei deren Implementierung bestehen grosse Unterschiede.

Laut der IDG-Studie «Cloud Migration 2018» findet die Cloud bei einem Viertel der befragten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz keinerlei Verwendung. Der Grossteil der befragten Unternehmen aber setzt ein bis zwei Cloud-Services ein – und jeder zehnte Betrieb nutzt gar bis zu 20 verschiedene Service-Angebote. Gleichzeitig gehen 95 Prozent der CIOs davon aus, dass sich ihr Unternehmen in zwei bis drei Jahren stark mit dem Thema «Cloud» auseinandersetzen wird.

Doch welchen konkreten Nutzen bringen Cloud-Dienste? Und wo liegen die Risiken? In Anbetracht des wachsenden Angebots sowie der fortschreitenden Verschiebung von IT-Diensten aus den Unternehmen in die Cloud stellt sich auch die Frage nach der richtigen Vorgehensweise.

Cloud – Was ist das?

Das Symbol der Wolke (engl. Cloud) steht sinnbildlich für ein Rechnernetz (z.B. das Internet). Als Kurzform des Cloud Computing versteht man unter dem Begriff «Cloud» die Bereitstellung von IT-Infrastruktur und IT-Diensten wie z.B. Rechenleistung, Speicherplatz oder Anwendungssoftware über das Internet. Charakteristisch für die Cloud sind Ressourcen, die sich dem Bedarf flexibel anpassen und exakt gemäss der jeweiligen Nutzung verrechnet werden. Alle Ressourcen können via Internet verwendet werden. So lässt sich bspw. in wenigen Minuten bei einem Cloud-Anbieter via Internet ein virtueller Rechner mit gewünschter Rechenleistung und Hauptspeicher nach Wahl einrichten und starten.

Welchen Nutzen bringen Cloud-Dienste?

Kostenersparnis
Die meisten Marktteilnehmer erwarten durch die Nutzung von Cloud-Services eine Kostenreduktion. Begründet wird dies durch wegfallende Investitionskosten für den Erwerb von Hard- und Software, den Betrieb lokaler Rechenzentren sowie möglichen Einsparungen beim Personal. Hinzu kommt die nutzungsabhängige Abrechnung der Services.

Globale Skalierung
Cloud-Dienste skalieren elastisch – d.h. es steht zu jeder Zeit die benötigte Menge an IT-Ressourcen zur Verfügung. Beispiele sind Rechenleistung, Speicherkapazität und Bandbreite. Wichtig ist, dass die Ressourcen – wo nötig – vom richtigen geographischen Ort aus bereitgestellt werden. Nur so können Verzögerungen im Netzwerk tief gehalten und alle SLAs (Service Level Agreements) eingehalten werden.

Hohe Ausfallsicherheit
Grundsätzlich erwarten Firmen geringe oder gar keine Ausfallzeiten bei der Nutzung von Cloud-Diensten. Leider gab es in der Vergangenheit immer wieder Ausfälle zu verzeichnen. Für diesen Fall haben die wenigsten Unternehmen vorgesorgt und auch keinen Notfallplan erstellt. Sie verlassen sich voll und ganz auf die Fähigkeiten des Cloud-Anbieters. Glücklicherweise hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, so dass die Cloud-Ressourcen mittlerweile gut gegen Ausfälle geschützt sind.

Wachstum, Agilität und Time to Market
Mit Hilfe einer Cloud-basierten IT-Umgebung können Produkte schnell am Markt (und beim Endkunden) platziert werden. Viele Startups nutzen Cloud-Infrastrukturen, um Märkte im In- und Ausland schnell ansprechen zu können. Sie erreichen damit die gleiche Reichweite wie etablierte Grossunternehmen, ohne jedoch eine eigene IT aufbauen zu müssen.

Spezialisierte Dienste
Die grossen Anbieter von Cloud-Lösungen haben spezialisierte Dienste im Angebot, die nur sehr aufwändig implementiert werden können. Dazu gehören Tools zur Datenanalyse (Stichwort Big Data) oder zur Sprach- und Bilderkennung. Daneben bieten die Plattformbetreiber u.a. Tools zur Systemüberwachung und Loganalyse.

Wo liegen die Risiken?

Abhängigkeit von einem Anbieter
Durch die Auslagerung von Diensten und den Einkauf von Dienstleistungen begibt man sich in die Abhängigkeit zu einem Anbieter. Dies ist dann vertretbar, wenn man dadurch Funktionen umsetzen kann, die ohne die Dienste des Anbieters nicht oder nur sehr aufwändig realisierbar wären (Beispiel Bilderkennung) oder wenn es möglich ist, den Anbieter einfach zu wechseln.

Unberechtigter Zugriff auf Unternehmensdaten
Eine weitverbreitete Sorge der Unternehmen liegt im unberechtigten Zugriff auf Unternehmensdaten in der Cloud. Abhilfe bietet hier eine hybride Cloud. Mit Hilfe dieser würden die sensiblen Daten auf den Servern der hausinternen Firmen-IT gelagert und nicht in die Cloud des Anbieters übertragen.

Cloud-Computing gefährdet die Compliance
Im Falle der Schweiz empfiehlt der ehemalige Datenschützer Hanspeter Thür eine schweizerische Cloud-Lösung. Vor Clouds im Ausland wird ausdrücklich gewarnt: Insbesondere haben die USA festgelegt, dass europäische Datenschutz-Regelungen für amerikanische Firmen, die in Europa tätig sind, nicht gelten.

Werden Daten in die Cloud ausgelagert, so ist der Auftraggeber – nicht der Anbieter – für die Gewährleistung des Datenschutzes zuständig. Sollten Schweizer Bestimmungen in der Cloud verletzt werden, so haftet das beauftragende Schweizer Unternehmen. Es ist ausserdem Pflicht des Auftraggebers, sich zu vergewissern, dass der Cloud-Anbieter die Datensicherheit gewährleistet. Im ersten Halbjahr 2019 werden erste Rechenzentren ausländischer Anbieter in der Schweiz eröffnet. Möglicherweise lassen sich die Compliance-Fragestellungen dann einfacher lösen.

Welches ist die richtige Vorgehensweise?

Die Entscheidung, ob und allenfalls wie ein Unternehmen ein «Cloud-Onboarding» bewerkstelligen sollte, hängt von einer Vielzahl von Fragestellungen ab.

Definition der Unternehmensstrategie und Ziele
Zunächst muss definiert werden, welche Business-Ziele in welchem Zeitraum wie erreicht werden sollen. Ist die bestehende IT-Infrastruktur dabei Teil des Plans und entsprechend vorbereitet? Sind zusätzliche (IT-)Investitionen vorgesehen? In welcher Höhe? Gibt es Anforderungen, die mit den bestehenden Mitteln und Fähigkeiten nur schwer bewerkstelligt werden können?

Klärung der Möglichkeiten, die die Cloud bietet
Cloud Computing bietet viele Vorteile, hat aber auch gewisse Defizite, die bei einem entsprechenden Setup minimiert werden können. Gibt es besondere Anforderungen, die ein Cloud-Setup erfüllen muss? Gibt es Cloud-Dienste, die für das Erreichen der Business-Ziele besonders hilfreich wären?

Technische Analyse
Nach der Definition der Business-Ziele und dem potentiellen Cloud-Mehrwert geht es darum, die bestehenden Applikationen in Verbindung mit der bestehenden Infrastruktur detailliert zu analysieren. Welche Applikationen sind im Einsatz? Wie ist die Infrastruktur organisiert? Wie sieht die Situation betreffend Architektur und Skalierbarkeit aus? Gibt es kritische Schnittstellen? Gibt es Applikationen, die für das «Cloud-Onboarding» geeignet sind?

Personal
Die Personalsituation ist entscheidend für eine erfolgreiche Lagebeurteilung. Einerseits werden Experten benötigt, die die bestehende IT-Landschaft gut kennen. Weiter werden Cloud-Experten benötigt, die beurteilen können, wie bestehende oder zukünftige Anwendungen organisiert sein müssen, damit sie in einer Cloud-Umgebung kostengünstig und performant laufen können. Da Mitarbeitende der Cloud-Anbieter häufig nicht zugänglich sind, muss das Know-how zu den verschiedenen Cloud-Ökosystemen selbst organisiert werden. Mit genügend Zeit ist es möglich, dass sich Personen der internen IT mit dem Thema beschäftigen. Folgende Möglichkeiten des Know-how Aufbaus bieten sich an:

  • Testen der Online-Services der unterschiedlichen Anbieter mittels Prototypen
  • Besuch von Schulungen der jeweiligen Anbieter
  • Zertifizierungen für Teile der Cloud-Systeme

Aufgrund der Komplexität der Cloud-Systeme und der Fülle an Informationen, die notwendig sind, um ein gutes Ergebnis zu erzielen, ist es für Unternehmen sinnvoll, mit entsprechenden Partnern zu arbeiten. Diese sollten bezüglich der unterschiedlichen Cloud-Systeme neutral sein und über Erfahrung im Umgang mit diesen verfügen.

ROI und TCO
Mit den gewonnenen technischen Erkenntnissen wird mit Hilfe von ROI- (Return On Investment) und TCO- (Total Cost of Ownership) Modellen errechnet, inwiefern sich die potenziellen Migrationen lohnen. Diese Arbeit ist aufgrund der komplexen Preismodelle der Anbieter nicht einfach. Aufgrund der ROI- und TCO-Betrachtungen kann entschieden werden, ob besehende Applikationen an die Cloud angepasst werden sollen oder als Ganzes transferiert werden können.

Transition-Plan
Nach erfolgreicher Analyse der technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten kann die Transition geplant werden. Zu beachten ist, dass ein solcher Transition- Plan sehr umfangreich werden kann.

Fazit

Die Cloud ist bereits zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Sie erlaubt uns, global zu skalieren und unsere Services weltweit und kundennah anzubieten. Dies geschieht bei hoher Ausfallsicherheit zu akzeptablen Konditionen. Das Thema Compliance ist bei Cloud-Lösungen heutzutage noch die grösste Herausforderung. Sobald die grossen Cloud-Anbieter ihre Rechenzentren in der Schweiz beziehen, wird wohl auch diese Hürde überwunden sein.