Fintech für die Vorsorge

06.12.2017 – Annette Kielholz

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Fachbeitrag für Computerworld vom 6. Dezember 2017

Sparen fürs Alter ist für Junge in etwa so interessant wie ein Opernbesuch oder eine philosophische Lesung. Das Start-up Viac will das ändern. Gemeinsam mit Ergon Informatik und der WIR Bank hat das Jungunternehmen eine Säule 3a-App lanciert. Diese soll Digital Natives die Altersvorsorge schmackhaft machen.

Sie sind so, wie man sich typische Start-up-Gründer vorstellt: leidenschaftlich, umtriebig und mit Feuereifer für ihre Idee unterwegs. Daniel, Christian und Jonas haben eine Vision: Sie wollen das vordergründig unattraktive und abstrakte Thema Altersvorsorge jungen Schweizern schmackhaft machen und gleichzeitig eine einfache und preislich sehr günstige Säule 3a-Lösung anbieten. Die drei Viac-Gründer sind um die 30 Jahre alt. «Altersvorsorge ist gerade für unsere Generation ein sehr wichtiges Thema, weil die 1. und 2. Säule unsere Rente in Zukunft nicht mehr so zuverlässig finanzieren», sagt Daniel Peter, der Kopf hinter dem Unternehmen Viac.

Allerdings sei die Finanzkompetenz der Jungen mangelhaft, und oft fehle ihnen der Anreiz, sich mit so etwas Langfristigem zu beschäftigen. Zudem wirke die Komplexität der Finanzmärkte und mögliche Anlagestrategien abschreckend. Auch die Finanzlösungen für das Smartphone seien oft nicht zielgruppengerecht aufbereitet. Dabei wäre gerade für junge Erwachsene mit langem Anlagehorizont das Wertschriftensparen sehr attraktiv, betont Daniel. Gesucht sind also Einstiegspunkte, die Finanzservices so einfach zugänglich machen, dass auch die Digital Natives sie gern nutzen. Dies haben sich die Viac-Gründer vorgenommen, und sie starten mit der Säule 3a fürs Smartphone. Die drei Gründer wollen mit ihrem Produkt die Vorsorge in der Schweiz umkrempeln. «Heute lebt dieses System vor allem von den hohen Gebühren. Wir fanden es für den Kunden sehr unbefriedigend, dass ein doch beachtlich hoher Anteil ihres Sparguthabens für Gebühren draufgeht», sagt Mitgründer Jonas Gusset. «Wir haben Viac derart kostengünstig konzipiert, dass sogar das private Investieren beim Onlinebroker in der Schweiz teurer ist. Ganz abgesehen von den Steuervorteilen der 3. Säule. Mit unserer App werden wir zum Preisbrecher für Vorsorgelösungen in der Schweiz».

Standortvorteil Schweiz

Die Idee zur neuen 3a-Lösung trug Initiant Daniel schon längere Zeit mit sich herum. Im Februar 2016 reduzierte er seinen gut bezahlten Job in der Finanzbranche auf 60 Prozent, ein dreiviertel Jahr später war er nur noch für Viac tätig. Seine Partner Christian und Jonas hängten ihre Finanzjobs ebenfalls an den Nagel und stiessen in den darauffolgenden drei Monaten hinzu. Ein Jahr dauerte es, bis mit der WIR Bank der geeignete Bankenpartner gefunden war. Darauf folgte die Projektausschreibung für die technische Umsetzung der Lösung. Den Zuschlag erhielt Ergon Informatik. Die Realisierung der Lösung begann im Mai 2017. Dass sich das Start-up für die technische Umsetzung seiner Idee an einen Schweizer IT-Dienstleister wandte, liegt nicht unbedingt auf der Hand. Engineering-Leistungen erhält man schliesslich im Near- und Offshoringbereich zu weitaus günstigeren Konditionen als in der Schweiz. «Wir erhalten regelmässig Anfragen von asiatischen Anbietern, die für uns entwickeln und designen wollen. Aber wir haben mit unserem Produkt einen sehr starken Bezug zur Schweiz, darum lag es für mich auf der Hand, auch in der Schweiz zu produzieren, dort, wo dann auch die Erträge generiert werden», sagt Daniel und fügt an: «Bei unserer sehr spezifischen Software verstehen Schweizer Entwickler, die auch unser Finanzsystem kennen, viel schneller, was umgesetzt werden soll. Ich habe nicht die Geduld, etwas zehnmal zu erklären. Ich will es einmal erklären und dann möglichst rasch in die Umsetzung gehen können, «first time right», ist meine Devise». In der WIR-Bank haben die Start-up-Gründer eine Partnerin gefunden, die ihre Werte und Qualitätsansprüche teilt.

Sie ist eine rein schweizerische Genossenschaftsbank und darauf bedacht, bei Aufträgen das Schweizer Gewerbe zu berücksichtigen. Dass dies nicht nur aus idealistischen Gründen geschehen muss, weiss auch Daniel Peter aus Erfahrung: «Nearshoring sieht auf dem Papier oft günstiger aus, als es wirklicher ist, weil es zeitaufwändig ist und viele Personen involviert werden müssen». Der Entwicklungspartner Ergon Informatik setzt ebenfalls auf den Entwicklungsstandort Schweiz. Um die Wege für den Informationsaustausch kurz zu halten, stellte Ergon dem Viac-Team kurzerhand ein Büro vor Ort bei Ergon zur Verfügung, in direkter Nachbarschaft zu den Entwicklern ihrer App und zum Usability-Team. Dieses arbeitete von Beginn weg eng mit den Jungunternehmern zusammen. «Für uns war es sehr wichtig, dass wir alle Dienstleistungen aus einer Hand beziehen konnten, gerade im Bereich User Interaction», sagt Christian Mathis, der sich auch ums Marketing von Viac kümmert. «Auf diese Weise kamen wir viel schneller vorwärts und konnten Fragen und Probleme rasch klären. Zum Beispiel sind wir ja so tief in der Finanzmaterie drin, da ist es nicht immer leicht, unsere Themen einfach und allgemeinverständlich darzustellen. Wenn das UX-Team unseren Onboarding-Prozess kompliziert fand, gaben sie direkt Feedback, machten Vorschläge und konnten daraufhin ein User Interface designen, dass viel einfacher und attraktiver ist. Umgekehrt gibt es Designideen, die schwer umzusetzen sind oder unnötigen Zusatzaufwand verursachen. Da das Entwicklerteam ebenfalls vor Ort war, konnten die zwei Teams solche Dinge rasch klären. Für unseren ambitionierten Zeitplan waren die kurzen Entscheidungswege bedeutend».

 

Die Viac-Gründer mit WIR Bank-CEO Germann Wiggli (v.l. Jonas Gusset, Daniel Peter, Christian Mathis und Germann Wiggli)

Zeit ist Geld

Das Säule 3a-Geschäft ist saisonales Business. Wenn man die sogenannte «Peak Season» von November bis Februar verpasst, ist ein Grossteil des Jahresgeschäfts verloren. Darum hatte das Viac-Team ein ehrgeiziges Ziel: «Für uns war klar, dass wir im November 2017 fertig sein müssen»! Der Go-Entscheid fiel Mitte April. Ab dem Projektstart im Mai blieben sechs Monate bis zum Go-Live. Das bedingte einen straffen Umsetzungsplan und möglichst wenig Reibungsverluste in der Zusammenarbeit. «Letztlich haben wir zu unserem ursprünglichen Zeitplan drei Wochen Verspätung erhalten», resümiert Daniel. «Jeder der Projektpartner, Hosting, Entwicklung und auch wir, hatte daran einen Anteil. Das ausführliche Testing zum Schluss haben wir trotzdem nicht abgekürzt, bei Sicherheit und Stabilität machen wir keine Abstriche. Und unser Ziel, im November live zu sein, haben wir erreicht!»

Günstigste 3a-Lösung der Schweiz

Die Viac-3a-Lösung kann in weniger als acht Minuten eröffnet werden. Die App ist einfach zu bedienen, und schon mit 1 Franken Startkapital hat man in tausende Aktien investiert. Konkurrenzlos günstig ist das System, da es keine Bankmitarbeiter oder Produktverkäufer benötigt und der Kunde seine Säule 3a selber in die Hand nehmen kann: Er kann investieren, so viel und wann er will, ohne Mindesteinlage, -gebühr oder-laufzeit. Dies setzt gerade für junge Erwachsene einen attraktiven und wichtigen Sparanreiz. Die Zinsen der Säule 3a sind aktuell nahe bei null. Wertschriftensparen würde für einen Grossteil der Schweizer Bevölkerung Sinn machen. Studien zufolge investieren aber nur 25-30 Prozent von ihnen einen Teil ihres 3a-Vermögens. In der 3a-Lösung von Viac kann der Aktienanteil im Baustein-Prinzip bis zu 100 Prozent (technisch bedingt 97%) gewählt werden. Viac ist das erste voll digitalisierte 3a-Produkt auf dem Schweizer Markt. Durch den digitalen Eröffnungsprozess kann theoretisch bis am 31. Dezember der Säule 3a-Beitrag fürs vergangene Jahr einbezahlt werden, und zwar egal, wo auf der Welt man sich gerade befindet. Auch der Transfer von 3a-Vermögen eines anderen Anbieters zu Viac ist problemlos möglich. Mit einem Wechsel können tausende von Franken Gebühren gespart werden. Die App kann im App Store von Apple und Google kostenlos heruntergeladen werden. www.viac.ch