Wie die digitale Krankengeschichte den Praxisalltag erleichtert
28.06.2023
Adieu, physisches Patientendossier. Was bis anhin von Hand aufgeschrieben und in einer Schublade verstaut wurde, wird zunehmend digitalisiert. In der Schweiz befindet sich der digitale Austausch von Patientendaten und medizinischen Informationen noch in den Anfängen, doch das Ende der physischen Ablage ist absehbar. Dass der digitale Austausch der Krankengeschichte den Praxisalltag erleichtert, zeigt die Lösung von Axonlab und Ergon.
Noch vor ein paar Jahren war es gängig, dass Ärztinnen und Ärzte die Krankengeschichte ihrer Patient:innen auf einer Karteikarte notierten und diese in einer dicken Patientenakte verstauten. Diese handschriftliche Erfassung verschwindet. Im Jahr 2019 erfassten rund 70 Prozent der Schweizer Hausärztinnen und Hausärzte die Krankengeschichte elektronisch. Im internationalen Vergleich ist das aber ein geringer Anteil. Dort wird fast ausschliesslich digital gearbeitet. In der Schweiz macht das Alter den Unterschied: Hausärztinnen und Hausärzte unter 45 Jahren arbeiten fast ausschliesslich elektronisch (95 Prozent). Mediziner:innen über 65 Jahren dokumentieren die Krankengeschichten überwiegend papierbasiert (65 Prozent). Der Generationenwechsel in der Branche hat einen Wandel angeregt, der neue Möglichkeiten schafft.
Trend zu Gruppenpraxen und Praxisketten
Eine weitere Entwicklung im Schweizer Gesundheitswesen sind Gruppenpraxen und Praxisketten. Mittlerweile sind 56 Prozent des ärztlichen Fachpersonals in Gruppenpraxen tätig. Diese Form hat diverse Vorteile: Es ist leichter, Ferienvertretungen zu organisieren und mit Spezialist:innen zusammenzuarbeiten. Zudem ist es eher möglich, Teilzeitstellen zu schaffen. Gruppenpraxen sind vorteilhaft, um Investitionen zu tätigen. Etwa dann, wenn neue Geräte angeschafft werden müssen. Ausserdem ist es möglich, die Kosten zu teilen, weil Personal und Ressourcen gemeinsam genutzt werden. Viele Gruppenpraxen gehören einer Kette an, die Praxen an verschiedenen Standorten vereint. Von dieser Vernetzung profitiert beispielsweise die Buchhaltung, weil sie zentral geführt werden kann. Die IT und das Personalwesen können standortübergreifend eingesetzt werden, was die internen Prozesse vereinfacht. Dadurch reduziert sich der administrative Aufwand und das Gesundheitsfachpersonal kann sich auf die medizinische Tätigkeit fokussieren.
Die Herausforderung: Hochsensible Daten übermitteln
Der Austausch von digitalen Daten zwischen Grundversorgern wie Haus- und Kinderärzten sowie Spezialist:innen ist herausfordernd. Dies vor allem, wenn er über Praxisgrenzen und damit über Systemgrenzen hinweg stattfindet. Hochsensible Daten weiterzugeben, ist meist mit grossem administrativem Aufwand verbunden, denn die sichere Übermittlung steht an erster Stelle. Wenn die Krankengeschichte dezentral an verschiedenen Orten geschrieben wird, ist dies auch für Patient:innen mit Aufwand verbunden. Sie müssen sich immer wieder neu ausweisen, anmelden und ihre Krankheitsgeschichte erzählen.
Diese Lösung schafft Abhilfe
Axonlab hat erkannt, wie sich diese Situation sowohl für das medizinische Fachpersonal als auch für Patient:innen verbessern lässt. Gemeinsam mit Ergon hat die Spezialistin für medizinische Labordiagnostik, Softwarelösungen und Life Science eine Lösung für den strukturierten Datenaustausch erarbeitet. Das Praxisinformationssystem «Axenita» soll den Arbeitsalltag des Gesundheitspersonals effizienter gestalten und den Praxisbesuch für Patient:innen bequemer machen.
Viele Gruppenpraxen und Praxisketten nutzen «Axenita» bereits heute im täglichen Geschäft. Das Gesundheitspersonal erfasst administrative und medizinische Informationen von Patient:innen digital. Es fehlte bis anhin nur noch an der Möglichkeit, diese Daten mit anderen Ärztinnen und Ärzten sowie Therapeut:innen derselben Praxiskette bequem und strukturiert auszutauschen. Innerhalb von Gruppenpraxen konnte das Teilen der Patientendaten mit einem feingranularen Berechtigungssystem gelöst werden. Eine grössere Herausforderung stellte sich aber für Praxisketten. Bei Praxisketten hat jede Praxis ihre eigene Instanz von Axenita, die auf ihre eigene Datenbank zugreift. Für die Zusammenarbeit ist dadurch ein Austausch der Daten über die Systemgrenzen erforderlich. Zusätzlich stellt sich die Herausforderung, dass die involvierten Axenita-Instanzen unterschiedliche Versionen aufweisen können.
Berechtigte entscheiden über die Teilung der Patientendaten
Mit dem neu entwickelten Krankengeschichten-Austausch (KG-Austausch) ist es möglich, zeitlich limitiert Patientendaten innerhalb einer Praxiskette zu teilen. Voraussetzung: Die Patient:innen willigen in diesen Austausch ein. Der KG-Austausch ermöglicht es, alle Patientendaten in strukturierter Form auszutauschen und zu bearbeiten. Dazu zählen etwa Stammdaten, medizinische Daten der Krankengeschichte, Medikamente, Probleme und Diagnosen sowie Dokumente. Indem Axenita-Instanzen die Krankengeschichte importieren und exportieren, wird die Krankengeschichte synchronisiert. Die beteiligten Praxen haben so die gleiche Ansicht der Krankengeschichte am Bildschirm und somit die gleichen Informationen über die Patient:innen. Dieser Funktion liegt ein ausgereiftes Rechtesystem zugrunde. Dabei bestimmt der behandelnde Arzt resp. die behandelnde Ärztin oder weiteres Gesundheitsfachpersonal, wie lange und auf welche Art der Austausch stattfinden darf.
Wenn sich verschiedene Software-Versionen verstehen
Jede Praxis entscheidet selbst, wann sie auf eine neue Axenita-Version wechselt. Es ist somit gängig, dass innerhalb einer Praxiskette unterschiedliche Software-Versionen eingesetzt werden. Das kann zu Problemen führen. Und zwar dann, wenn ältere Versionen strukturierte Daten empfangen, die sie nicht verarbeiten können. Dies gehört nun der Vergangenheit an. Dank des KG-Austauschs sind ältere Software-Versionen fähig, Informationen aus einer neuen Version korrekt zu empfangen und lesbar darzustellen. Wird die ältere Version später aktualisiert, so werden die zuvor empfangenen strukturierten Daten automatisch in die richtige Form gebracht.
Schritt für Schritt in ein digitalisiertes Gesundheitswesen
Eine Stärke des strukturierten KG-Austauschs? Alle Beteiligten profitieren: Grundversorger:innen, Spezialist:innen, Praxisangestellte und nicht zuletzt die Patient:innen. Der KG-Austausch erleichtert den Praxisalltag, wenn Patienteninformationen nur noch einmal erfasst werden müssen. Danach können sie bequem an eine andere Praxis innerhalb der Kette übermittelt werden. Zudem ist es deutlich einfacher, Beratung einzuholen oder Termine über Praxen hinweg zentral zu koordinieren. Faktoren wie diese vereinfachen die Zusammenarbeit, senken den administrativen Aufwand und erhöhen die Transparenz. In Zukunft könnten weitere Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich wie zum Beispiel Spezialist:innen profitieren, die über Organisationsgrenzen hinweg kommunizieren möchten. Weitere Entwicklungen sollen den KG-Austausch mit bestehenden Klinikinformationssystemen, die von Spitälern genutzt werden, ermöglichen, um damit einen weiteren Schritt auf dem Weg in ein vernetztes, digitalisiertes Gesundheitswesen zu unternehmen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Manuela Vielmi, Business Analyst.